Serenadenkonzert mit J.S. Bach, C.Ph.E. Bach, J.J. Quantz und Mendelssohn

Johann Sebastian Bach (1656-1750)
Triosonate aus dem Musikalischen Opfer BWV 1079
largo
allegro
andante
allegro

Johann Sebastian Bachs Besuch am 7. Mai 1747 in Berlin bei seinem Sohn Carl Philip Emanuel führte zu einer der bekanntesten Episoden seines Lebens. Als man ihm mitteilte, der „alte Bach“ sei da, soll Friedrich II., der junge König von Preußen, sein abendliches Konzert abgesagt haben.

Der König diktierte Bach ein Fugenthema und dieser verblüffte den kompositorisch dilettierenden Gastgeber indem er eine dreistimmige Fuge so meisterhaft improvisierte, dass, wie die Zeitungen meldeten, „nicht nur Se. Majest. Dero allergnädigstes Wohlgefallen darüber zu bezeigen beliebten, sondern auch die sämtlichen Anwesenden in Verwunderung gesetzt wurden.“

Als Bach der Einladung folgte, begegneten sich in Potsdam zwei unvereinbare Charaktere: Nicht nur ihr musikalischer Geschmack war grundverschieden. Bach hätte über die Art der Kompositionen in galanten Stil, die für einen regierenden Herrscher gewiss außergewöhnlich waren, wohl im günstigsten Falle nur nachsichtig gelächelt. Hier ein tiefgläubiger Protestant, dort ein aufgeklärter, machiavellistischer Monarch. Hier der bürgerliche musikalische Stadtdiener drei Jahre vor seinem Tod, dort der seit erst sieben Jahren regierende König auf dem Weg zur europäischen Großmacht, neun Jahre vor dem Siebenjährigen Krieg.

Als der König später fragte, ob Bach aus dem Thema nicht eine sechsstimmige Fuge machen könne, versprach ihm dieser ausweichend, dass er das Thema „in einer ordentlichen Fuga zu Papiere bringen, und hernach in Kupfer stechen lassen will“. Zurück in Leipzig, schrieb er über das Königliche Thema sowohl eine sechs- als auch eine dreistimmige Fuge nebst einer Folge verzwickter Kanons. Sowie eine ausgewachsene Triosonate, die er dem König widmete: „Ew. Majestät weyhe hiermit in tiefster Unterthänigkeit ein Musicalisches Opfer, dessen edelster Theil von Deroselben hoher Hand selbst herrühret.“

In seiner Triosonate für Flöte, Violine und Continuo versuchte der 62jährige Bach anscheinend auf charmante Art, den modernen galanten Stil nachzuahmen, den der König schätzte, und den sein Flötenlehrer Quantz und Carl Philipp Emanuel am Hof vertraten. Dies wird besonders deutlich bei den geradezu endlosen Ketten von Seufzermotiven im dritten Satz. Doch der ihm eigene Stilwillen ist einfach zu stark, sodass gerade dieser ernste Satz mit dem Königlichen Thema im Bass ‘unter der Hand‘ den Charakter einer Passion annimmt. In jeden der Sätze ist das Königliche Thema auf geistreiche Weise integriert, besonders auffallend in den beiden schnellen, fugierten Sätzen.

Rein spekulativ wäre anzunehmen, dass das außergewöhnliche Stück wegen seiner kontrapunktischen Dichte und seines großen Ernstes möglicherweise eine Trübung im galanten Musikleben des jungen Monarchen bewirkt haben könnte. Vorausgesetzt – es wurde jemals dort gespielt.

 

Johann Joachim Quantz (1697 – 1773)

Konzert für Flöte, Streicher und Basso Continuo G-Dur QV 5: 174

allegro assai
allegro e mesto
presto

Johann Joachim Quantz wurde 1697 in Scheden (Niedersachsen) als fünftes Kind eines Hufschmieds geboren. Da seine Eltern früh gestorben waren, erhielt er seine erste musikalische Ausbildung von seinem Onkel, Stadtmusikant in Merseburg, und dem Ehemann seiner Cousine, einem Kantor und Organisten daselbst. Während seiner Lehrzeit erlernte er unter anderem Violine, Cello, Kontrabass, Trompete, Posaune, Waldhorn, Blockflöte und Fagott.

Mit 17 Jahren wurde Quantz Stadtpfeifer in Pirna. Er studierte aber bei Jan Dismas Zelenka in Dresden weiter und schaffte es zwei Jahre später in die sogenannte „polnische Kapelle“ des sächsisch-polnischen Königs August II.. Hier noch als Oboist tätig, entdeckte Quantz jedoch zunehmend sein Interesse an der Querflöte. Unbeirrbar verfolgte er seinen Weg mit unzähligen Reisen, so zum Beispiel nach Rom, Neapel, Florenz, Venedig, Genf und Paris und London, wo er Händel traf. Während einer zweijährigen Studienreise durch Italien freundete er sich mit dem berühmten Kastraten Farinelli an und war von Vivaldi begeistert.

1741 erhielt Quantz die Stelle als Kammermusikus und Hofkomponist am Hofe Friedrichs II.. Zunächst hatte er sich noch geweigert, Dresden zu verlassen, doch einer achtfachen Erhöhung seiner Bezüge konnte er am Ende nicht widerstehen. Auch andere Musiker wurden verpflichtet, darunter als Cembalist Carl Philipp Emanuel Bach. Mitte der fünfziger Jahre verfügte Friedrichs Hofmusik über rund fünfzig Mitglieder, bestehend aus etwa vierzig Instrumentalisten und acht Gesangssolisten, die zum Teil schwindelerregende Einkünfte hatten. Von nun an gab Quantz dem König täglich Flötenunterricht, versorgte ihn mit Aufführungsmaterial, organisierte Privatkonzerte und baute Flöten für ihn. Quantz war es als einzigem gestattet, sich kritisch zu den Darbietungen Seiner Majestät zu äußern. Er begleitete den König sogar auf Feldzügen. Johann Joachim Quantz starb 1773 in Potsdam als eine der am meisten vertrauten und respektierten Personen des preußischen Königs.

Quantz wurde berühmt durch den „Versuch einer Anweisung, die Flûte traversière‘ zu spielen“. Er schrieb rund 300 Konzerte sowie ca. 250 Sonaten für die Flöte, die zumeist das exklusive Eigentum des Königs waren und die zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht blieben.

Carl Philipp Emanuel Bach (1714-1788)

Sinfonie Nr. 3 Wq 182/3
allegro assai
adagio
allegretto

Carl Philipp Emanuel Bach wurde als dritter Sohn Johann Sebastian Bachs und seiner ersten Frau Maria Barbara 1714 in Weimar geboren. Einer seiner Taufpaten war Georg Philipp Telemann. Mit der Familie zog er nach Köthen um, wo seine Mutter 1720 plötzlich verstarb. Als sein Vater 1723 in Leipzig sein Amt als Thomaskantor antrat, wurde er Thomasschüler und studierte anschließend zunächst in Leipzig und später an der Universität in Frankfurt (Oder) nicht Musik, sondern Jura. Nach dem Studienabschluss widmete er sich jedoch gänzlich der Musik. Bach komponierte von Kindheit an unter der Aufsicht seines Vaters. Später vernichtete er seine frühen Kompositionsversuche.

1738 wurde er als Cembalist in die Kapelle des preußischen Kronprinzen Friedrich berufen. In der kronprinzlichen Kapelle in Rheinsberg lernte er neben den besten Musikern seiner Zeit unter anderem den Flötisten Johann Joachim Quantz kennen. Als Friedrich II. zum König gekrönt wurde, erhielt er eine Festanstellung als Konzertcembalist in der neugegründeten Hofkapelle. Achtundzwanzig frustrierende Jahre brachte er als Akkompagnist des Königs zu, wofür er kaum ein Sechstel der Quantzschen Bezüge erhielt. Er heiratete 1744 die Tochter eines Berliner Weinhändlers, Johanna Maria Dannemann.

1767 entschloss sich Bach, seinen alten Wirkungskreis zu verlassen und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Friedrich II. ließ ihn ungern gehen, stimmte aber schließlich zu. So wurde Bach Nachfolger seines verstorbenen Paten Georg Phillip Telemann. im Amt des städtischen Musikdirektors und Kantors der fünf Hauptkirchen der Stadt Hamburg. Carl Philipp Emanuel Bach verstarb 1788 hochangesehen in Hamburg.

Der „Berliner und Hamburger Bach“ war zu seinen Lebzeiten berühmter als sein Vater Johann Sebastian. Für das Cembalo – sein Lieblingsinstrument – hat er rund 150 Sonaten und über 50 Konzerte geschrieben, darüber hinaus 19 Sinfonien, über 90 Duos und Triosonaten, über 20 Passionsvertonungen, rund 70 Kantaten, Oratorien sowie zahlreiche Lieder.

Sein bedeutendstes Lehrwerk „Versuch über die wahre Art das Clavier zu spielen“ (1753 und 1762) ist eine bis heute gültige Schule des Klavier- und Generalbassspiels.

Carl Philipp Emanuel Bach gilt als einer der bedeutendsten Komponisten in der Zeit zwischen Barock und Wiener Klassik. Er steht der Literatur Klopstocks, Herders und des jungen Goethe aufgeschlossen gegenüber und nimmt viele Stileigentümlichkeiten des „Sturm und Drang“ in seiner Musik vorweg. Es gibt bei ihm aus der Barocktradition heraustretende zerrissene Melodien und ungewöhnliche Sprünge, Harmonien und Wendungen. Bach ist ein Hauptvertreter der musikalischen Empfindsamkeit.

 

Felix Mendelssohn Bartholdy (1809 – 1847)

Streichersinfonie Nr. 10 h-moll
adagio
allegro
piu presto

Felix Mendelssohn Bartholdy komponierte im Frühjahr 1824 seine erste Symphonie. Er war damals gerade erst fünfzehn Jahre alt, konnte allerdings schon auf einige Jahre des Komponierens zurückblicken. Felix und seine vier Jahre ältere Schwester Fanny, zu der er lebenslang ein inniges Verhältnis hatte, erfuhren jegliche erdenkliche Förderung durch ihre hochgebildeten und kulturell engagierten Eltern. Sein Vater, Abraham Mendelssohn, zählte als Bankier zu den wohlhabendsten Männern. Großvater väterlicherseits war der Aufklärer Moses Mendelssohn, Vorbild für Lessings Nathan der Weise.

Schon bald nach ihrer Übersiedelung von Hamburg gründeten die Mendelssohns im Berlin der Biedermeierzeit einen bedeutenden Salon, in dem Theater, Lesungen und philosophische Debatten stattfanden. Bei Hauskonzerten brillierten die Kinder, begleitet von den besten Musikern ihrer Zeit. Zunächst erhielt Felix zusammen mit Fanny Klavierunterricht von ihrer Mutter Lea. Später wurden die beiden Schüler von Carl Friedrich Zelter, dem Leiter der Berliner Singakademie, in dessen Unterricht – für diese Zeit ungewöhnlich – die Werke Bachs und Händels eine zentrale Rolle spielten. Der 12jährige Mendelssohn durfte in Weimar dem alten Goethe vorspielen, der mit Zelter befreundet war.

Von 1821 bis 1823 entstanden nicht weniger als zwölf Symphonien, die aufgrund ihrer speziellen Orchesterbesetzung als Mendelssohns Streicher-Symphonien in die Musikgeschichte eingegangen sind und die eminente kompositorische Begabung des Jungen belegen.

Mendelssohns historisches Verdienst ist die Wiederaufführung der Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach am 1829 in der Berliner Singakademie nach hundertjähriger, völliger Vergessenheit. 1843 gründete er in Leipzig das erste deutsche Konservatorium zur Ausbildung von Berufsmusikern. Als 1847 seine geliebte Schwester Fanny starb, zog Felix Mendelssohn Bartholdy sich aus dem Konzertleben zurück und erlag, erst 38jährig, einem Schlaganfall. Die zehnte Symphonie besteht als einzige der zwölf Symphonien aus nur einem Satz. Dieser beginnt mit einer elegischen langsamen Einleitung, der ein Allegro-Hauptteil in Sonatenhauptsatzform folgt. Sowohl Einleitung als auch Hauptteil sind deutlich hörbar an den Moll-Symphonien Mozarts orientiert. Das gilt auch für die Stretta, die das Stück dunkel und ernst enden lässt.