Joseph Haydn (1732 – 1809)
Sinfonie in e-Mol l (Hoboken 44)
allegro con brio – menuetto, allegretto, canone in diapason
adagio – presto
Joseph Haydn wird als „Vater der Symphonie“ bezeichnet. Er hinterließ uns 107 vollständig erhaltene Sinfonien, von denen jede dazu beigetrug, die Werkgattung der Sinfonie zu formen.
Die Sinfonie in e-Moll komponierte Joseph Haydn um 1770/72 während seiner Anstellung als Kapellmeister beim Fürsten Nikolaus I. Esterházy. Ihr nicht von Haydn stammender Titel „Trauersinfonie“ kam erst im 19. Jahrhundert auf. Die Überlieferung, Haydn habe sich gewünscht, der langsame dritte Satz der Sinfonie möge bei seinem Begräbnis gespielt werden, stammt aus dem Reich der Legende.
Die Sinfonie war für eine Auff ührung in der Schlosskapelle von Esterháza während der Karwoche komponiert worden. Vielleicht rühren daher ihr düster-leidenschaft licher Ausdruck und die bei Haydn seltene Molltonart. Es ist aber auch denkbar, dass Teile der Sinfonie als Bühnenmusiken zu Goethes „Götz von Berlichingen“ und zu Shakespeares „Hamlet“ entstanden.
Zur selben Zeit, als Goethes „Werther“ und Klingers Drama „Sturm und Drang“, dem diese Literaturepoche ihren Namen verdankt, entstanden, entdeckten Komponisten wie Carl Philip Emanuel Bach, Christoph Willibald Gluck und Joseph Haydn die Moll-Tonart mit ihren besonderen expressiven Gestaltungsmöglichkeiten als spezifische Färbung und Träger extremer Leidenschaft en.
Der insgesamt eigenwillige, leidenschaft liche und spannungsreiche Charakter dieser Sinfonie, ihre starke Dynamik vom Pianissimo bis zum Fortissimo im ersten Satz, ihre zahlreichen Synkopen und Akzente und ihre Chromatik führten zu der gängigen Annahme, dass die „Sturm und Drang-Periode“ Haydns hier ihren Ausdruck finde. Dazu tragen bei: Das tänzerisch-schwermütige, kanonartige Menuett mit dunkler Klangfarbe (als zweiter und nicht wie üblich als dritter Satz), die kontrapunktischen Strukturen im ersten, zweiten und vierten Satz und im Besonderen die „Trauerode“ des dritten Satzes mit ihrer azsdrucksvollen, elegischen Empfindsamkeit.
Text: Reinhard Schwalbe