Louis Spohr – Fantasie für Harfe solo c-moll op.35

Louis Spohr (1784-1859)

Fantasie für Harfe solo c-moll op.35 (1807)

Auch er war bereits als Kind der Leidenschaft des Musizierens verfallen, auch er wusste schon mit fünf Jahren, dass sich sein Leben um die Musik drehen würde. Wie so viele Komponisten, die sich zu großen Meistern ihres Faches entwickelten, hat auch Louis Spohr sehr früh Interesse und Talent für die Welt der schönen Klänge gezeigt. Im zarten Kindesalter sang er mit seiner Mutter zur abendlichen Unterhaltung Duette. Sein Instrument wurde die Violine, in deren Spiel er seit seinem 12. Lebensjahr unterwiesen wurde. Der Geige blieb er Zeit seines Lebens treu und bildete sich fortwährend bei Künstlern der Meisterklasse weiter. Der Kompositionsunterricht hingegen fiel recht sparsam aus. Der Organist Hartung führte den jungen Spohr in die Welt der Harmonielehre und des Kontrapunktes ein. Alles was folgte, war mit viel Fleiß autodidaktisch erlernt. Er schaffte es, sich den Ruf als einer der einflussreichsten Musikerpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts in Europa zu erarbeiten. Als vielversprechender Musiker strebte man in dieser Zeit eine Anstellung bei Hofe an, und Spohr schaffte es, u.a. die Landesherren von Gotha und Braunschweig von seinem Können zu überzeugen. Es folgten Anstellungen an Theatern in Wien und Frankfurt, wo er als Violinvirtuose einigen Ruhm erlangte. Als er dann 1822 als Hofkapellmeister in Kassel seinen Dienst antrat, widmete er sich verstärkt dem Dirigat und konnte sich auch hier profilieren.

Im Laufe seiner Solistenkarriere reiste Spohr durch die Welt, anfangs in Begleitung seines Lehrers Franz Eck aus München. Neben dieser Karriere tat sich Spohr selbst als Oberhaupt einer Violinschule hervor. Eleven aus ganz Europa kamen, um bei ihm Unterricht zu erhalten. Auch als Komponist entwickelte er eine erstaunliche Produktions-kraft. Auf nahezu jedem Gebiet der musikalischen Literatur hinterließ er Meisterwerke von unvergänglichem Wert. Neben Carl Maria von Weber und Heinrich Marschner gilt er als Hauptvertreter der romantischen Oper; am bekanntesten sind die Werke „Jessonda“ und „Faust“. Aufgrund seiner Biographie erstaunt es wohl wenig, dass die größten Erfolge aber seine zahlreichen Instrumental-werke verzeichnen konnten, allen voran seine Violinkonzerte, 15 an der Zahl, sowie seine Violinduette. Auch die große Violinschule gehört heute noch zum gängig studierten Werk zahlreicher Geiger. Doch gab es noch ein weiteres Instrument, welches Spohr selbst zwar nicht in Perfektion beherrschte, das ihn aber schon als jungen Mann faszinierte. Es war die Harfe, deren Klänge sein Herz höher schlagen ließen. Zu seinen heute noch gern gespielten Instrumentalkompositionen gehört auch die wunderbare Fantasie für Harfe solo in c-moll op. 35. Nun war nicht nur die Liebe zu dem Instrument sondern auch zu einer Frau, die es in Vollendung beherrschte, ausschlaggebend dafür, dass wir uns heute noch an diesem Werk erfreuen dürfen. Dorette Scheidler hieß die Harfen- und Klaviervirtuosin, für die er dieses Stück komponierte, als sie bereits seine Ehefrau war. Spohr kannte die Möglichkeiten des Instrumentes sehr genau und ließ die Fantasie zwischen ruhig fließenden und dann wieder schwungvoll bis stürmischen Passagen wechseln. So lässt uns gleich der Beginn des Stückes mit seinen Arpeggien aufhorchen. Läufe durch mehrere Oktaven und melodiöse Linien geben dieser Fantasie ihre variationsreichen, freien Charakterzüge. In seiner Selbstbiographie schrieb Spohr: „Da ich in meinen Compositionen reich zu modulieren gewohnt war, so musste ich besonders die Pedale der Harfe genau kennen lernen, um nichts für sie Unausführbares niederzuschreiben. Bei der großen Sicherheit, mit der meine Frau schon damals die ganze Technik des Instrumentes beherrschte, konnte dies freilich so leicht nicht geschehen. Ich überließ mich daher auch ganz dem freien Fluge meiner Phantasie, und es gelang mir bald, dem Instrumente ganz neue Effekte abzugewinnen.“ Überlassen auch wir uns dem freien Fluge unserer Fantasie und folgen Spohr für eine kurze Zeit in seine romantische Welt.