César Franck: Psyché

 

César Franck (1822-1890)

Psyché: Poème symphonique pour orchestre et choeurs für Soli, Chor und Orchester

1. Sommeil des Psyché. Lento
2. Psyché enleveé par les Zéphirs. Allegro vivo
3. Les Jardins d‘Éros. Poco animato
4. Psyché et Éros. Allegretto modéré

Große Komponisten fallen nicht vom Himmel. Auch ihr Talent wird keineswegs immer gleich von der musikalischen Fachwelt und dem Publikum erkannt und gewürdigt. Der in Lüttich geborene César Franck gehört zu den Musikern, die sich ihr Renommee hart erarbeiten mussten. Dafür zählt er heute zu den bedeutendsten französischen Komponisten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Ganz korrekt war sein Name César Auguste Jean Guillaume Hubert Franck, doch da sich dieser Name schwer in seiner Gänze merken lässt, ist er uns heute nur unter seinem ersten Vornamen ein Begriff. Seine Eltern stammten aus dem niederrheinischen Aachen bzw. dem belgischen Grenzdorf Gemmenich. Nach ihrer Hochzeit zogen sie nach Lüttich, wo César kurze Zeit später geboren wurde. Hier erhielt der Junge seine erste musikalische Erziehung und feierte auch seine ersten Erfolge als Konzertpianist. Doch bevor er seine Karriere in Belgien festigen konnte, zogen seine Eltern nach Paris, wo der junge Musiker bei dem berühmten Anton Reicha unterrichtet wurde. 1837 schaffte er die Aufnahmeprüfung für das Pariser Konservatorium, das er bis 1842 besuchte. Vier Jahre brillierte Franck als Organist an verschiedenen Pariser Kirchen. 1858 bekleidete er die Position des Tituralorganisten der Kirche Ste-Clotilde in Paris, die er bis zu seinem Tode innehatte. Mit Beginn dieser Stellung begann er auch seine erste Kompositionen für Orgel zu schreiben und begründete damit eine neue französische Schule, die sich durch ihren polyphonen Stil auszeichnete. Seine Passion für die Orgel reichte so weit, dass er 1872 zum Professor an das Pariser Konservatorium berufen wurde. Doch in seinen Kompositionen widmete er sich durchaus auch anderen Instrumenten. Die wichtigsten entstanden jedoch erst in seinem letzten Lebensjahrzehnt. 1890 starb Franck nach einem Unfall mit einem Pferdeomnibus. Popularität erlangten seine Werke erst nach seinem Tod. Auch dieses undankbare Schicksal teilt er mit vielen anderen heute berühmten Komponisten.

Wenden wir uns einem der sinnlichsten Werke zu, der „Psyché“, einer Komposition für symphonisches Orchester und Chor. Das Stück wird bestimmt durch einen ausgeprägten Melodienreichtum, der selbst in der Spätromantik seinesgleichen sucht. Franck hat hier eine lyrische, nahezu märchenhafte Stimmung geschaffen, die bei ihm selten zu finden ist. Es ist die antike Geschichte von Amor und Psyche. Psyche ist die wunderschöne Tochter eines unbekannten Königs, die sogar Venus, der Göttin der Schönheit, den Rang abläuft. Venus, hierüber wenig erfreut, befiehlt ihrem Sohn Amor, Psyche dazu zu bringen, einen schrecklichen Dämon zu heiraten. Nun beginnen Irrungen und Wirrungen. Natürlich verliebt sich Amor in die Schöne und handelt seiner Mutter zuwider. Auch Psyche verfällt dem göttlichen Sohn, begeht aber einige Fehler, als sie ihn für sich zu gewinnen sucht. Am Ende wird alles gut, auch wenn Psyche, schwanger von Amor, bis dahin viele Aufgaben zu bestehen hat. Der oberste Gott Jupiter macht Psyche letztendlich unsterblich und bekommt eine wunderschöne Tochter – Voluptas (Vergnügen).

Leider ist das Werk wenig bekannt. Die Originalfassung mit etwa einer Stunde Dauer wurde oftmals als zu lang empfunden. Uraufgeführt wurde das Stück am 10. März 1888 in Paris in der Société National de Musique. Die Leitung übernahm Franck persönlich. Große Popularität war ihm damit jedoch nicht vergönnt. Franck reagierte und extrahierte vier orchestrale Stücke zu einer viersätzigen Suite,die er „Quatre Fragments pour orchestre“ untertitelte, eine Fassung, die nur selten aufgeführt wird.

Was auch immer das damalige Publikum gestört haben mag, wir können es nicht nachvollziehen. Lassen Sie den Zauber diese sinnlichen schönenStückes auf sich wirken!

Text: Dagmar Claaßen