Beethoven-Abend im Rathausfestsaal – Ambitioniert musiziert das Erfurter Universitätsorchester

Anbei die Konzertkritik der TLZ vom 20. Februar 2008 zum Beethoven-Abend im Rathausfestsaal Erfurt.

 

Das risikofreudige Manöver überzeugt

Von Evi Baumeister; Altstadt. (tlz)

 

Wer ambitioniert musiziert, stellt sich Beethoven nicht als Gipsbüste ins Wohnzimmer. Anstatt ihn abzustauben, übt er. Dies
ist angewandte Ikonenverehrung, ein Ansatz, den das Universitätsorchester Erfurt mutig teilt. Es holte den Titanen aus der Ecke der Unantastbarkeit und studierte unter der Leitung von Sebastian Krahnert in vielen Monaten intensiver Vorbereitung kein geringeres Werk als Beethovens 3. Sinfonie ein. Dieser Herausforderung stellen sich im Musikbetrieb in der Regel neue, große Dirigenten in Art einer musikalischen Antrittsvorlesung, so positionieren sie sich und präsentieren ihre künstlerische Handschrift.
Die anfängliche Napoleonbegeisterung ihres Schöpfers – wie der ihr innewohnende revolutionäre Geist – brachte der Sinfonie den Namen „Eroica“ ein, den man am Sonntag im Rathausfestsaal einmal nicht von der Werkseite her, sondern aus Sicht der Ausführenden deuten konnte. Dieses kompositorische Schwergewicht mit einem Laienorchester zu stemmen, ist heroisch. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Dirigent Krahnert hat wache und wackere Mitstreiter an seiner Seite. Er stützt sich, flankiert von einem beherzt eingestellten Blechbläserkontingent, auf einen Streicherblock, der zugegeben in extremen Passagen im großen polyphonen Getümmel des Finales einige Federn ließ. Wie wohltuend, dass die himmlisch heiklen Anforderungen an die Flöte verlässlich sicher realisiert und deren Phrasierungen von den Holzbläsern ebenso formschön abgenommen und weitergereicht wurden.

Takt für Takt ist die 3. Sinfonie hinlänglich bekannt und ausgeleuchtet. Man kann sich in ihrem gesamten Terrain weder tarnen noch erstecken. Dieses risikofreudige Manöver der Erfurter Amateurtruppe wurde mit herzlichem Beifall quittiert. Keine noch so subtil abgemischte CD kann das Erlebnis ersetzen, wenn Beethoven live ersteht.

Das Publikum spürte: Hier wurde gekämpft und Herzblut gegeben. Zuvor bewies der akademische Klangkörper, dass er gediegen und zurückhaltend begleiten kann. Der junge Medizinstudent Max Rau meisterte den anspruchsvollen Solopart in Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur mit großer Bravour.